Schule hat mit Jura leider mehr zu tun, als einer*m lieb sein kann. Die Beschäftigung mit Schulrecht ist daher ein absolutes Muss, und hier leistet der kurze Band von Günther Hoegg auf den ersten Blick recht gute Dienste. Die Urteile sind nach Relevanz ausgewählt und  werden in ihrer über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung erklärt. Hoegg erklärt auch, warum genau diese Urteile relevant sind und inwiefern sie auf ähnlich gelagerte Fälle übertragbar sind als auch, wo die Übertragbarkeit (wahrscheinlich) endet. Nebenbei werden wichtige Grundbegriffe und -Konzepte erläutert, die wenigstens halbwegs begehbare Schneisen durch den Paragraphendschungel schlagen.

Das alles verpackt Hoegg in knappe, leicht zu lesende und dennoch präzise informierende Texte.

 

Dennoch fühlte ich mich nach der Lektüre des Bändchens nur mittelprächtig beraten. Der Tonfall ist über weite Strecken onkelhaft, da wird immer mal wieder der Verfall der Kultur, der Sitten, und speziell des Schulwesens beklagt. Früher war nämlich alles besser. Die armen Lehrer*innen (ach was, natürlich nur die Lehrer, die Kolleginnen sind dann irgendwie mitgemeint) werden ob ihres harten Jobs bemitleidet und hier und da gibt es Tipps, wie man die lästigen Eltern und Schüler*innen abblitzen, auflaufen oder ihrer gerechten Strafe zuführen kann - was früher natürlich auch einfacher und besser da. Da schimmert zuweilen eine Vorstellung vom Verhältnis zwischen Eltern bzw. Schüler*innen und Schule bzw. Lehrer*innen durch, das mir nicht behagt.

Das größte Problem, das ich mit dem Buch habe, ist allerdings die Auswahl der Urteile. Ihre Einschlägigkeit und über den Einzelfall hinausweisended Relevanz bestreite ich keineswegs. Aber in der Abteilung zu Konflikten zwischen Eltern/Schüler*innen und Lehrer*innen gibt es fast ausnahmslos Urteile, in denen sich die Lehrer*innen durchsetzen konnten. Das ist sicher gut für die Stimmung, es hlft aber nur wenig bei der Einschätzung der Rechtslage: Dafür müsste ich nicht nur wissen, wo Gerichte zu Gunsten der Schule entschieden haben, was also (noch) erlaubt ist, sondern ebenso, wo sie gegen die Schule entschieden haben, was also nicht mehr erlaubt ist. Nur wenn man Urteile zu beiden Seiten der Grenze zwischen erlaubt und nicht-erlaubt kennt, kann man den Verlauf der Grenze ungefähr abschätzen.