Als Kind eines klassisch bildungsbürgerlichen Haushaltes gab es bei uns natürlich keine Comics, das war nämlich Schund... noch nicht einmal Schundliteratur, sondern einfach-so-Schund. Bevorzugt aus den bösen USA, oder eben aus anderen Ländern, die schon völlig amerikanisiert waren. Da ich also in meinem Kinderzimmer immer nur Goethe, Schiller und Walser lesen konnte, bin ich in der Rezeption und erst recht Rezension von Graphic Novels nicht geschult.

Was ich festhalten kann: Der Bücherdieb ist ein hübsches Kleinod von pessimistischer Kulturkritik, insofern Literatur über den Schund, als den sich auch die so genannte hohe Kultur bei näherer Betrachtung gerne entpuppt.

Charaktere und ihre Entwicklung können erfolgreich und detailliert »gezeichnet« werden - nicht nur im metaphorischen Sinne, sondern auch ganz praktisch. Und die Autoren von Der Bücherdieb beherrschen diese Kunst stets zu meiner vollsten Zufriedenheit; über den relativen Erfolg im Vergleich zu anderen Comicschaffenden kann ich leider keine Auskunft geben.

Wem die Vorstellung Vergnügen bereitet, sich in die französische Kulturszene der 60erjahre (Sartre, Café-Kultur, und der ganze Rest) einzulesen und dabei die Absurditäten des Kulturbetriebs im Allgemeinen bestätigt zu bekommen – der oder die wird an diesem Band sicher Freude haben.