Als Religionslehrer mit Spaß am Segeln interessieren mich natürlich besonders diejenigen Bibelgeschichten, in denen das Segeln oder wenigstens die Schifffahrt eine bedeutende Rolle spielen. Viele sind es nicht, und umso begeisterter bin ich, wenn diese Geschichten im Detail beleuchtet werden.

»Jesus auf dem Wasser« ist ein vielversprechender Band aus der pixi-Reihe des Carlsen-Verlags. Er vereint kindgerecht erzählte und illustrierte Versionen der Geschichten »Jesus stillt den Sturm« (Mk 4,35-41, || Mt 8,23-27 und Lk 8,22-25) und »Jesus geht auf dem Wasser« (Mk 6,45-56, || Mt 14,22-33 und Joh 6,15-21). Kindgerecht? – vielleicht. Den Regeln der Seemannschaft entsprechend sicher nicht.

Wer sich die Takelung des abgebildeten Schiffs einmal näher anschaut, kommt ins Zweifeln: Das Schiff ist »längs getakelt«, das heißt: Das Rahsegel ist an Bug und Heck geschotet und steht somit im Prinzip quer zur Fahrtrichtung oder längs der Killinie. Erstaunlich, dass das Schiff trotzdem gute Fahrt voraus macht, wie die stolze Bugwelle (...auch hier erstuanlich: eher eine Mitschiffs-Welle) beweist. Der ratlose Blick der Jünger hat sicher viel mit dem offensichtlichen Bruch aller Regeln der Segelphysik zu tun.

segel2Ein Wunder, dass ein so schräg getakeltes Boot überhaupt fährt. Kein Wunder hingegen, dass es alsbald in Seenot gerät. Erstaunlich, dass das Segel plötzlich ein Dreieckssegel geworden ist. Das käme der Längstakelung eigentlich entgegen, jetzt ist es aber auch schon egal, weil ja im offenbar schlimmen Sturm die Schoten losgeschlagen sind und das Segel achtern aus dem Schiff heraushängt. Aber ein neues Wunder gibt es auch hier zu bestaunen: Der Mast hält, obwohl kein Stag und keine Wanten ihn noch stützen.

segel3Bei so viel Wundern braucht man über das letzte hier zu besprechende Bild eigentlich nicht mehr viel zu sagen. Es wurde erneut umgetakelt: Wieder längs, Das Segel gleicht noch am ehestem einem Rahsegel, hat aber 5 Ecken. Dazu passt, dass die Rah einer fröhlichen Zickzack-Linie folgt. Das Segel hängt sehr hoch und ist offenbar nach achtern verbogen. Ob das Schiff so Fahrt macht oder nicht ist nicht so wichtig: Die Jünger bestaunen einen Takelmeister, der ihnen auf dem Wasser zu Fuß entgegenkommt.