Noch vor den Sommerferien hatte ich für das aktuelle Schuljahr meine Stundenzahl reduziert, um mehr Zeit für unseren Sohn zu haben. Selbstverständlich war mir klar, dass 20% weniger Stunden wohl auch 20% weniger Brutto bedeuten würden; mir war sogar klar, dass in der Logik von Schulministerium und Bezirksregierung ein Schuljahr weniger arbeiten selbstverständlich aus 13 Monaten Lohnkürzung bestehen würde, weil nämlich sowohl die Ferien am Anfang als auch am Ende des Schuljahres einfach mit reduzierter Arbeitszeit abgerechnet werden.

Was mich dann doch ein wenig erstaunte, war dass das Landesamt für Besoldung und Versorgung trotz monatelangen Vorlaufs volle zwei Monate zu viel, nämlich 100% ausgezahlt hat. Kann passieren, jeder macht mal Fehler. Und irgendwie war ja auch zu erwarten, dass das zuviel gezahlte Geld wieder zurückbezahlt werden müsste. Die Frage ist allerdings, wie man mit seinen Fehlern umgeht. Man kann versuchen, sie zu vertuschen (hier schwierig). Man kann sich offensiv dazu zu bekennen. Man kann demütig um Verzeihung bitten. Oder, Methode LBV: Man kann einfach mit einer gehörigen verbalen Abwehraggression jede mögliche Kritik präventiv kontern.

 

Schön ist schon der Einstieg, der Informationen »über eine Änderung in [meinem] Dienstverhältnis« an das LBV als aktuell darstellt und implizit sogar suggeriert, ich hätte diese Informationen verheimlicht. Gut drei Monate nach Beantragung und Genehmigung der Reduktion ist nicht sosehr die Information als solche, sondern eher der Umstand ihrer doch extrem langsamen Weiterleitung von Behörde zu Behörde das relevante Thema, mit dem man vielleicht hätte einsteigen können.

Gleich im zweiten Satz kommt man kurz und schmerzlos zum Thema, und das Thema ist nicht ein Versäumnis im LBV, sondern: »Aufgrund dieser Änderung sind Ihnen zu viele Bezüge gezahlt worden, die ich hiermit zurückfordere.« Das doch recht harsche und herrische Verb »zurückforden« mag angesichts des ursächlichen LBV-Lapsus ein wenig verwundern, aber: man hat sich ja abgesichert. Durch geschickte Verwendung des Passivs wurde das mögliche Versagen des LBV einfach aus dem Satz herausoperiert. Der Passiv tauscht ja bekanntlich Subjekt und Objekt, bzw. Täter und Opfer und bietet außerdem die Option, das eigentliche Subjekt (jetzt Objekt) einfach auszulassen. »Ihnen sind zu viele Bezüge gezahlt worden« klingt natürlich gleich ganz anders als »Leider haben wir Ihnen versehentlich zu viel Geld überwiesen.« Das ist ein Schulbuchbeispiel für missbräuchliche Verwendung von Sprache. Vermutlich darf ich noch von Glück reden, dass nicht durch eine weitere aktiv-passiv Rochade ich zum eigentlichen Urheber des Fehler gemacht worden bin: »Sie haben zu viel Geld angenommen.«

Nachdem so in den ersten beiden Sätzen (eigentlich schon in der Betreffzeile) solide Vorarbeit geleistet wurde, geht es nach einer Aufzählung der relevanten Daten und Fakten ins persönliche:

»Nach Prüfung der Sach- und Rechtslage komme ich zu dem Ergebnis, dass ich von der Rückforderung Ihrer Bezüge weder ganz noch teilweise absehen kann.« Hier ist übrigens schön zu beobachten, dass Forderungen im Aktiv aufgestellt werden, während Fehler im Passiv geschehen. In der Sache hat der Herr Sachbearbeiter aber ja sicher Recht. Muss er aber dafür direkt persönlich werden? »Bei meinen Überlegungen habe ich sowohl Ihr Alter und Ihre Leistungsfähigkeit als auch Ihre sonstigen Lebensverhältnisse zum gegenwärtigen Zeitpunkt berücksichtigt, soweit sie mir bekannt waren.« Mein Alter, gut, sprech ich nicht gerne drüber, aber dem LBV ist das natürlich bekannt. Aber meine Leistungsfähigkeit? Meine Lebensverhältnisse gar?? Ich darf doch hoffen, dass diese dem LBV nicht im Detail bekannt sind.

Lustige Pointe am Rande ist dann, dass mir eine Frist von einem Monat zur Rückzahlung gesetzt wird - von der gleichen Einrichtung, die über zwei Monate braucht, um ihren Fehler auch nur zu bemerken.