Mein Tablet ist mir hingefallen, und wie das im Tablet-Leben so ist: die Reparatur lohnt nicht mehr. Schade und eine Schande für den Kapitalismus, der uns nicht immer mit immer besseren Produkten beglücken, sondern immer nur neue Produkte verkaufen möchte, aber: so ist das eben, siehe oben. Und ein ganz klein bisschen freut sich ja auch mein Konsumenten-Ego, wieder ein neues Spielzeug kaufen müssen zu können.

Das Tablet ist für mich nicht so sehr ein Sofaspielzeug (da bevorzuge ich Laptop oder Zeitschriften), sondern vor allem ein Arbeitsgerät in der Schule. Einerseits zur Erfassung von Schüler*innenleistungen, andererseits aber immer mehr auch als mobile Medienzentrale im Unterricht. In vielen unserer Klassenräume hängen mittlerweile Bildschirme, die bequem drahtlos angespielt und für die Darstellung von Grafiken, Audios und Videos genutzt werden können. Zum jüngst neu angeschafften Englischbuch haben wir gar keine Audio-CDs oder Video-DVDs mehr, sondern setzen ausschließlich auf eine Kombilösung aus Programm/App/Webzugang, mit der multimediale Inhalte für alle angemeldeten Lehrer*innen jederzeit und überall ohne physische Medien zugänglich sind.

 

Mein altes Tablet war ein Sony Xperia Z4, und ich war bis zuletzt zufrieden. Gerne hätte ich das gleiche Modell noch einmal gekauft – das war aber nicht möglich, weil das Gerät keine drei Jahre nach Markteinführung schon nicht mehr angeboten wird; selbstverständlich gibt es auch keine Aktualisierung des Systems auf Android 8, was eigentlich schon Ausschlusskriterium genug wäre.

10-Zoll Tablets schreiben ziemlich aus der Mode gekommen. Aktuelle und leistungsstarke Android-Geräte kann man mit der Lupe suchen, und selbst dann findet man eigentlich nur zwei Modelle, nämlich dass Samsung Tab 3 und das Google Pixel C. Das Samsung ist ganz frisch auf dem Markt und außerdem leistungsfähiger, das Google hat aber das originalere Android und lässt außerdem regelmäßigere und flottere Updates erwarten.

Es wurde also das Pixel. Der erste Eindruck: es wirkt schön hochwertig und gut verarbeitet, aber auch ein gutes ganzes Stück schwerer (514g vs 386g, mit Tastatur sogar 910g vs. 750g) als das Sony. Außerdem, was ich eigentlich für gar nicht so relevant gehalten hätte: es ist dicker. Die Rückseite aus Aluminium ist sicher edler als das Kunststoffgehäuse des Sony, sie hat aber in der Praxis nur Nachteile: schwer, dick, zerkratzt leicht und rutscht auch noch leichter aus der Hand.

Den geringeren Speicherplatz und den möglicherweise langsameren Prozessor habe ich in der Praxis nicht bemerkt, dass es keinen Slot für eine Speicherkarte gibt, stört aber schon. Der Bildschirm wirkt etwas besser, und was tatsächlich überzeugt: es hagelt Updates. Das Pixel hat Hersteller-offizielles Android 8 noch bevor es über Lineage erhältlich ist. Der Verzicht auf dubiose gratis-Beigaben, die nicht einmal deinstalliert werden können, dürfte das Gerät nicht nur flotter machen, es trägt auch zu einem Plus an gefühlter Sicherheit bei.

tab2Im Prinzip ein weiterer Pluspunkt ist die Tastatur. Die Tasten sind größer und das Schreibgefühl erheblich besser, fast wie auf einem Laptop. Für mich dürften die Tasten gerne auch beleuchtet sein, aber das ist vielleicht eine Frage des Akkus. Apropos Akku: Die Pixel-Tastatur lädt drahtlos, wenn sie auf dem Tablet aufliegt. Leider verliert bzw. verweigert sie gelegentlich (allerdings deutlich seltener als beim Sony) die bluetooth-Verbindung, was sich nur durch einen Reboot des Tablets beheben lässt. Ein weiterer kleiner Minuspunkt sind gelegentliche Doppelerkennungen, die den einen oder anderen unerwünschten Buchstaben in Texte schmuggeln.

Eigenwillig ist die Verbindung zwischen Tablet und Tastatur: sie erfolgt nicht mechanisch, sondern über sehr starke Magneten. Das hält erstaunlich gut und hat den Nebeneffekt, dass man das Pixel auch einfach so an beliebige Metallflächen anklatschen kann. Eine praktische Verwendung habe ich noch nicht gefunden, aber das Tablet am Kühlschrank ist auch ohne Nutzwert eine coole Sache. Dem Coolness-Faktor stehen allerdings auch konkrete Nachteile gegenüber. Die Tastatur kann auch beim Pixel als Transportschutz für den Bildschirm dienen, sie wird dann einfach auf den Bildschirm gepappt und hält auch dort magnetisch. Um die Tastatur zu entfernen und sie laptop-artig, mit dem Gerät zu verbinden, schiebt man sie seitlich vom Bildschirm herunter. Das klingt verdächtig nach Kratzern, und in der Tat ist mein Bildschirm schon nach kurzer Nutzdauer sichtbar verkratzt. Es ist zudem eine äußerst wackelige Angelegenheit, bei der Tastatur oder – schlimmer – das Tablet leicht einmal aus der Hand gleiten könnten. Auch wenn man das Tablet mit aufgelegter Tastatur z.B. aus der Tasche nimmt, gleiten die Teile leicht auseinander und fallen dann möglicherweise zu Boden.

Anders als beim Xperia lässt sich das Tablet nicht hochkant mit der Tastatur verbinden. Und erkannt wird die Tastatur nur dann, wenn sie mit dem Tablet verbunden ist. Die Xperia-Tastatur konnte auch mehrere Meter vom Tablet entfernt liegen. Praktisch, wenn das Tablet auf den Monitor im Klassenraum gespiegelt ist: Man muss nur die Tastatur mit sich herumtragen und kann – dank integrierten Touchpads, auch das ein Plus des Sony, – das Tablet quasi fernbedienen.

Beim Google ist das schon wegen der Beschränkungen der Tastatur nicht möglich. Noch ärgerlicher für mich und der Hauptkritikpunkt: Das Google verbindet sich nicht mit dem Monitor. Zugegeben, auch bei Sony war die Verbindung zuweilen etwas hakelig. Das Pixel ist aber grundsätzlich und aus Prinzip nicht in der Lage, eine Verbindung aufzubauen. Die Monitore sprechen nämlich das verbreitete Miracast-Protokoll. Das ist nur ein quasi-Standard, der allerdings von fast allen Handy- und Tabletherstellern – außer Google! – unterstützt wird. Google unterstützt das vergleichbare Chromecast, das allerdings kaum ein Fernseher, jedenfalls nicht das in unserer Schule montierte Modell unterstützt.

Chromecast kann man übrigens als Mini-Hardware für erschwingliche 39€ erwerben und dann einfach an den HDMI-Eingang des Fernsehers (und USB für Strom) anschließen. Das schien ein machbarer Kompromiss. Es schien aber nur so, denn: an einer Schule ist eine WLAN-Anmeldung nur über eine Passwort keine gute Idee. Unser WLAN setzt LEAP/PEAP ein, d.h., dass es individualisierte Nutzernamen und Passwörter gibt. Chromecast kommt damit leider nicht klar und also nicht ins Internet. Schade, denn im Gegensatz zu Miracast läuft bei Chromecast nichts ohne Internet. In meinem konkreten Fall streamt also auch mit Chromecast nichts vom Tablet zum Fernseher. EZCast kann zwar eine Verbindung zum Fernseher herstellen, allerdings überträgt es über das Chromecast-Protokoll nur Video, aber kein Audio – auch das keine gangbare Lösung für den Unterricht.

tab3Besonders unverständlich: Die Hardware des Pixel würde eine Miracast-Unterstützung hergeben und mit dem freien Android von LineageOS kann das (angeblich) auch aktiviert werden. Allerdings verliert man so die Garantie. Google amputiert das Gerät also offenbar willentlich, um dem eigenen Chromecast-Standard einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Samsungs Miracast zu verschaffen.

Sonst noch was? Naja, die Liste nicht unterstützter Features ist ärgerlich lang: Kein Miracast, aber auch kein GPS und kein Slot für eine Speicherkarte und auch kein NFC. Das Gerät hat eine farbige LED-Leiste, die gelegentlich (dann ganz in grün) Auskunft über den Ladezustand des Akkus gibt. Wie man diese Anzeige aktiviert, ist mir schleierhaft; »Berühren mit zwei Fingern« wie es die Anleitung vorschlägt, funktioniert jedenfalls nicht. Und immer mal wieder kommt es zu mysteriösen Neustarts, ohne dass ich das Gerät heruntergefahren hätte.

Mit Ausnahme des fehlenden Miracast und vielleicht noch GPS kann ich mit diesen Fehlern ganz gut leben – aber wir haben es hier mit einem Spitzenmodell zu tun, da hätte ich eher nicht mit dem Fehlen von fast schon selbstverständlichen Features gerechnet.

Das Fazit ist ein bisschen Zwiespältig: Für Vieles ist das Pixel sicher ein prima Tablet. Zu viele Sachen kann es aber unerwartet nicht; für mich ist es wegen der mutwillig abgeschalteten Miracast-Unterstützung leider ein Totalausfall.

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