Die Überschrift sagt irgendwie schon alles: Ralf Lankau weist darauf hin, dass Lernen eine höchst analoge Angelegenheit ist. Darum ist nicht nur der Begriff des »digitalen Lernens« Quatsch, Quatsch sind auch alle Ansätze, eine neue Pädagogik für das digitale Zeitalter begründen zu wollen. Computer, so Lankau, gehören nicht unbedingt in Kindergärten und Schulen, jedenfalls nicht einfach deshalb, weil wir im digitalen Zeitalter leben. Es lernt und entwickelt sich der Mensch immer noch analog, und dafür braucht es nicht zwingend Computer, schon gar keine auf die Beherrschung oder Verwendung von Computern ausgerichtete Digitaldidaktik.

 

Lankau ist im Grunde seines Herzens kein Technikfeind, auch wenn es manchmal ein wenig so scheint. Gegen den Einsatz moderner, auch digitaler Technik, hat er keineswegs etwas einzuwenden. Er erkennt den Wert digitaler Medien als eine weitere, oft leichter zu handhabende Art von Medien an und befürwortet ihren Einsatz – sofern er didaktisch begründet ist und nicht dem bloßen Wunsch nach DIgitalisierung um jeden Preis entspringt.

Es überwiegen aber deutlich die kritischen Töne. Lankau kritisiert z.B. enorme Probleme des Datenschutzes, die sich beim Einsatz von online-Medien und Netzwerken ergeben, er lehnt die Verwendung kommerzieller Netzwerke und Plattformen deshalb ab und plädiert für geschlossene, pädagogische Netzwerke und einen offline-Informatikunterricht.

Weiterhin betont er, dass Lernen nach wie vor ein Beziehungsgeschehen ist, das sich zwischen LehrerIn und SchülerIn abspielt. Eine Maschine mag beim stumpfen Pauken und Testen hilfreich sein, sie kann aber nie die LehrerIn ersetzen. Der vermeintliche Vorteil automatisch individuell auf die einzelne SchülerIn zugeschnittener Lerneinheiten wird durch die Entpersonalisierung mehr als wieder aufgefressen, sagt Lankau. Hinzu kommt, dass bei der computergestützten Individualisierung große Mengen an Persönlichkeitsdaten erhoben werden, die bei den international tätigen großen Bildungskonzernen möglicherweise nicht gut aufgehoben sind.

Anders als Schulbücher unterliegen digitale Bildungsmaterialien i.d.R. noch keiner staatlichen Prüfung. Sie werden oft kostenlos angeboten, und zwar von Institutionen oder Firmen, die sich so einen unangemessenen Einfluss auf die Schulbildung verschaffen. Als Konsequenz lehnt Lankau so genannte »Open Educational Ressources«, also frei verfügbare Lernmittel komplett ab. Das halte ich für keine gute Idee, vielmehr sollten auch digitale Materialien genau wie Schulbücher von den zuständigen Ministerien auf ihre Eignung geprüft und zugelassen werden.

Seinem Fazit kann ich mich durchaus anschließen: Computer und Netzwerke in der Schule bieten Chancen und Risiken, es lohnt sich, hier weiter zu forschen. Aber solange keine validen Forschungsergebnisse vorliegen, sollte man sich gründlich überlegen, was man mit den begrezten Mitteln im Bildungssektor anfangen möchte. Die Wirksamkeit von mehr und besser ausgebildeten Lehrkräften ist gut dokumentiert. Die Wirksamkeit von Hard- und Software ist fraglich.

Auch wer das alles ein bisschen anders sieht, findet in diesem Buch sicher viele spannende Gesichtspunkte, die zu Beachten bei der Digitalisierung der Schuie sich lohnen könnte.