Die Waffen nieder! ist natürlich ein sehr wichtiges und daher zu Recht sehr bekanntes Buch. Je nach Sichtweise möglicherweise der erste pazifistische Roman, außerdem in gewisser Weise auch ein früher feministischer Roman. Autorin und Hauptfigur sind Frauen, beide setzen sich über die engen Grenzen der Wirksamkeit, die Frauen seinerzeit gesteckt waren, souverän hinweg. Man kann also sagen, dass Suttner ihrer Zeit weit voraus ist.

Allerdings weist der Roman ebenfalls sämtliche Merkmale süßlichster Fürsten- und Liebesliteratur der Groschenklasse auf. Die Hauptfigur Martha ist − natürlich − adelig. Sie sucht und findet ihr Glück − natürlich − in der Liebe zu feschen adeligen Offizieren und später in ihren beiden Kindern. Die zwei Ehen der Martha kann man eigentlich nur deshalb als gleichberechtigt charakterisieren, weil Mann und Frau gleichberechtigt nebeneinander her leben − in sehr trautem Einverständnis, aber ohne irgendwelche Ansprüche aneinander. Wo es Interessenkonflikte erst gar nicht gibt, fällt Gleichberechtigung nicht schwer.

 

Hier spielt ein weiterer Faktor eine wichtige Rolle: Martha ist spätestens nach dem Tod ihres Vaters schwerreiche Gutsbesitzerin − sie ist also finanziell unabhängig von ihrem Gatten und braucht sich angesichts reichlich vorhandenen Personals auch nicht über die Verteilung von Kochen, Abwasch und Hausputz zu streiten.

Alles in allem haben wir also ein Musterbeispiel eines Kitschromans aus der Welt der zauberhaften Kaiserin Sissi zu tun. Das wurde damals gerne gelesen und auch heute liest sich diese Art von Trivialliteratur durchaus fluffig.

Was den Roman bedeutend macht, ist wirklich einzig das pazifistische Element, in dem sie allerdings ihrer Zeit weit voraus ist. Sie stellt die Gräuel des Krieges sehr eindrücklich und detailliert dar und belässt es nicht etwa bei den noch genre-kompatibeln Leiden der Witwen und Mütter gefallener Soldaten. Martha macht sich auch selber auf zu den Schlachtfeldern und beschreibt das dort Gesehene mit einer Genauigkeit und Drastik, die jede Romantisierung des Krieges unmöglich macht. In anderen Passagen legt sie die mittlerweile längst vergessenen Begründungen für die zwischen 1866 und 1871 in Österreich und Frankreich geführten Kriege genauestens dar und führt sie so gründlich ad absurdum, dass auch die vermeintliche Rationalität des Krieges sich in Luft auflöst. Schließlich analysiert sie in einem Epilog die nach dem Krieg von 1870/71 eingetretene Lage mit fast schon beängstigender Klarheit und sagt eine dauerhafte, sich in einem schrecklichen, allumfassenden Krieg entladende, Feindschaft zwischen Deutschland und Frankreich voraus.−

Ein Roman, den man aus historischen und aus politischen Gründen lesen kann. Ein Roman, der letztlich Literatur nach Regenbogenpressemanier ist − leicht konsumierbar, aber ohne das schlechte Gewissen, sich mit Schundliteratur abzugeben.